Das Hinweisgeberschutzgesetz: Wer durch das Gesetz geschützt wird und welche Hinweise geschützt sind

Erläuterungen zum persönlichen und sachlichen Schutzbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG)

Wer darf eigentlich einen Hinweis abgeben? Wer muss folglich einen Zugang zur internen Meldestelle haben? Was darf gemeldet werden?

Wer? – Persönlicher Schutzbereich
Der persönliche Anwendungsbereich der EU-Whistleblower-Richtlinie ist sehr weit gefasst. Daran orientiert sich auch das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG).
Der persönliche Schutzbereich des HinSchG erstreckt sich auf Personen, die abhängig beschäftigt sind. Dies umfasst Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im privaten und öffentlichen Sektor, Auszubildende sowie Praktikantinnen und Praktikanten. Gleichwohl sind auch Verwandte oder Kolleginnen und Kollegen der hinweisgebenden Person umfasst, soweit sie in einer beruflichen Verbindung zum Arbeitgeber oder zur hinweisgebenden Person stehen.

Weitere Personen, die in den persönliche Schutzbereich fallen, sind:

  • Arbeitnehmende, deren Arbeitsverhältnis entweder noch nicht begonnen hat oder schon beendet ist
  • Unterstützer der hinweisgebenden Person
  • Journalistinnen und Journalisten
  • Anteilseignerinnen und Anteilseigner
  • Personen, die dem Verwaltungs-, Leitungs-, oder Aufsichtsorgan eines Unternehmens angehören
  • (Unter)Auftragnehmerinnen und (Unter)Auftragnehmer
  • Lieferantinnen und Lieferanten
  • Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter

In der EU-Whistleblowing-Richtlinie (RL 2019/1937) sind explizit auch Beamte der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Richterinnen und Richter im Landesdienst aufgeführt, für die die Richtlinie ebenfalls gilt. Diese wurden durch den Kompromissvorschlag zunächst vom persönlichen Schutzbereich ausgenommen. Hier sollen entsprechende spezialgesetzliche Regelungen erlassen werden.

Was? – Sachlicher Anwendungsbereich
Der europäische Gesetzgeber hatte lediglich eine eingeschränkte Möglichkeit, den sachlichen Anwendungsbereich im Rahmen seiner europarechtlichen Kompetenzen auszugestalten, beispielsweise steht das Strafrecht in der alleinigen Kompetenz der Mitgliedstaaten.. Er ermutigte aber den nationalen Gesetzgeber, den sachlichen Schutzbereich zu erweitern, um Wertungswidersprüche zu vermeiden.

Der sachliche Anwendungsbereich umfasst in Deutschland folgende Verstöße:

  • Strafbewehrte Verstöße
  • Bußgeldbewehrte Verstöße, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigen oder ihrer Vertretungsorgane dient
  • Öffentliches Auftragswesen
  • Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
  • Produktsicherheit und -konformität
  • Verkehrssicherheit
  • Umweltschutz
  • Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit
  • Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz
  • Öffentliche Gesundheit
  • Verbraucherschutz
  • Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten sowie Sicherheit von Netz- und Informationssicherheit
  • Verstöße gegen die finanziellen Interessen der Union (i.S.v. Art. 325 AEUV)
  • Verstöße gegen die Binnenmarktvorschriften (i.S.v. Art. 26 Abs. 2 AEUV; beispielsweise Verstöße gegen Wettbewerbsvorschriften und staatliche Beihilfen, Handlungen, die die Körperschaftssteuer verletzen)

Der Rechtsausschuss im Bundestag hatte für das HinSchG im sachlichen Schutzbereich auch verfassungsfeindliche Äußerungen – auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle – von Beamtinnen und Beamten mit aufgenommen, um dem Problem der Reichsbürgerszene im öffentlichen Dienst zu begegnen. Dieser Bereich wird nun vorerst nur auf Bundesbeamte angewandt. Auch hier ist zu erwarten, dass dies in den spezialgesetzlichen Regelungen für Beamtinnen und Beamten der Länder aufgenommen werden wird.

Ausblick
Der deutsche Gesetzgeber konnte mit der Verabschiedung des HinSchG seiner europäischen Verpflichtung zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie nachkommen. Gleichwohl bietet das als Kompromiss zwischen Regierung und Bundesrat ausgehandelte Gesetz viel Raum für Unsicherheit in Gemeinden und für Beamte. Die EU-Whistleblower-Richtlinie entfaltet jedoch unmittelbare Wirkung in den Mitgliedstaaten, wenn diese die Richtlinie nicht fristgerecht oder ordnungsgemäß umgesetzt haben. Die Konsequenz ist, dass sich sowohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Gemeinden als auch Beamtinnen und Beamte auf die EU-Whistleblower-Richtlinie berufen können.

Das bedeutet, dass sich juristische Personen sowohl des privaten als auch des öffentlichen Rechts mit den neuen Verpflichtungen des Hinweisgeberschutzgesetzes vertraut machen müssen, um den zahlreichen neuen Aufgaben und Anforderungen gerecht zu werden. Die Umsetzungsfrist des HinSchG für Unternehmen und Behörden mit mehr als 50 Beschäftigten ist bereits im Dezember 2023 abgelaufen.

Wir bei eagle lsp verfolgen einen europarechtskonformen Ansatz und beraten sowohl Unternehmen als auch öffentliche Arbeitgeber zu den Umsetzungsanforderungen des HinSchG.

Sie haben noch keinen Meldestellenservice implementiert? Dann sollten wir sprechen!

Stand: 15.01.2024