Betriebsvereinbarung für Hinweisgebersysteme: Das sollten Sie beachten

Im Rahmen seiner Informationspflicht (§ 80 Abs. 2 BetrVG) sowie des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) hat ein Unternehmen den Betriebsrat bei der Einrichtung einer internen Meldestelle im Sinne des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) zu beteiligen. Ein wichtiges Element ist dabei die Betriebsvereinbarung.

Was ist eine Betriebsvereinbarung?

Eine Betriebsvereinbarung ist ein schriftlicher Vertrag zwischen der Leitung eines Betriebs (Arbeitgeber) und dem Betriebsrat, der die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien sowie Regelungen zu Arbeitsbedingungen der Beschäftigten des Betriebs festlegt. Dies betrifft u.a. Themen wie Arbeitszeiten, Gesundheitsschutz, Datenschutz sowie die Nutzung von Kommunikationstechnologien. Die Betriebsvereinbarung hat eine bindende Wirkung für alle Beschäftigten. Auch die Rahmenbedingungen und Verfahrensregeln für die interne Meldestelle im Unternehmen sollten hierdurch festgehalten werden.

Ist die Beteiligung des Betriebsrates bei der Einrichtung der internen Meldestelle erforderlich?

Bei der Beteiligungspflicht des Betriebsrates ist zwischen dem „ob“ und dem „wie“ zu differenzieren. Die Entscheidung, eine interne Meldestelle zu implementieren, ist mitbestimmungsfrei, da der Beschäftigungsgeber durch das Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet ist, diese einzurichten. Bei der konkreten Ausgestaltung des Meldewesens steht dem Betriebsrat nach herrschender Auffassung allerdings ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu. Auch eine Beteiligung über § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG kommt in Betracht, sofern man das Hinweisgebersystem als technische Einrichtung versteht, die dazu bestimmt ist, Verhalten und Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Dabei sollte die Unternehmensführung den Betriebsrat frühestmöglich informieren und einbinden, um ihrer Informationspflicht aus § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG nachzukommen.

Welche Punkte sollte eine Betriebsvereinbarung beinhalten?

Zwar verpflichtet der Gesetzgeber alle Beschäftigungsgeber mit mindestens 50 Beschäftigten zur Einrichtung einer internen Meldestelle. Die genaue Ausgestaltung verbleibt allerdings in der Hand der Unternehmen, weswegen ein gewisser Konkretisierungsbedarf besteht. Folgende Punkte sollte eine Betriebsvereinbarung bezüglich der internen Meldestelle enthalten:

  • Anwendungsbereich: Die Betriebsvereinbarung sollte klar angeben, auf welchen Bereich des Unternehmens die interne Meldestelle Anwendung findet.
  • Zweck und Ziele: Die Betriebsvereinbarung sollte den Zweck der internen Meldestelle im Sinne des HinSchG definieren, z. B. die Aufdeckung von Verstößen gegen Gesetze, Vorschriften, Unternehmensrichtlinien oder ethische Standards. Die Ziele des Systems, wie die Förderung von Transparenz, Integrität und Risikomanagement, können ebenfalls festgelegt werden.
  • Zuständigkeiten und Aufgaben der Meldestelle: In der Betriebsvereinbarung sollten die Aufgaben und Zuständigkeiten der Meldestelle klar geregelt werden. Dazu gehören z.B. die Entgegennahme von Hinweisen, die Prüfung auf Relevanz, die Weiterleitung an die zuständigen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im Unternehmen sowie die Dokumentation und Nachverfolgung der gemeldeten Vorfälle.
  • Zugang zur Meldestelle und zum Digitalen System: Die Betriebsvereinbarung sollte darüber informieren, wie die interne Meldestelle erreicht werden kann (z.B. einen Link zur Meldestelle). Bei einer digitalen internen Meldestelle (z.B. einer Online-Meldeplattform) sollte klar angegeben werden, welches System genutzt wird und des Weiteren Informationen zu den Datensicherheitsstandards erläutert werden.
  • Meldeverfahren: In der Betriebsvereinbarung ist das Verfahren zur Meldung von Hinweisen an die Meldestelle zu regeln. Sie sollte die verschiedenen Meldewege für hinweisgebende Personen festlegen, wie z. B. eine spezielle E-Mail-Adresse, eine Hotline oder eine anonyme Online-Plattform. Darüber hinaus sollte festgelegt werden, wie Hinweise abgegeben werden können und welche Informationen dabei angegeben werden müssen. Eine Meldung muss dabei grundsätzlich schriftlich, mündlich und auch persönlich übermittelt werden können. Die Möglichkeit einer anonymen Meldung ist hingegen nicht zwingend erforderlich.
  • Vertraulichkeit und Datenschutz: Ein wichtiger Aspekt der Betriebsvereinbarung ist der Schutz der Vertraulichkeit und der Datenschutz. Es sollte festgelegt werden, dass die Identität der hinweisgebenden Person vertraulich behandelt wird und keine Vergeltungsmaßnahmen ergriffen werden. Ferner sollte festgestellt werden, dass die Hinweismeldung nur an diejenigen Personen weitergegeben wird, die für die Untersuchung des gemeldeten Vorfalls zuständig sind. Im Falle der Auslagerung der internen Meldestelle an einen unabhängigen Dienstleister (z. B. an eine Kanzlei, Ombudsperson) sollte dieser namentlich genannt und auf die Vertraulichkeit des Dritten hingewiesen werden. Darüber hinaus sollten weitere Maßnahmen zur Datensicherheit und zum Schutz der personenbezogenen Daten der hinweisgebenden Person getroffen werden.
  • Hinweisbearbeitung: Die Betriebsvereinbarung sollte das Verfahren zur Untersuchung gemeldeter Hinweise regeln. Es sollten klare Richtlinien und Fristen im Sinne des HinSchG genannt werden, wie die Meldestelle mit den Hinweisen umgeht, wie die Untersuchung durchgeführt wird und wie die Ergebnisse kommuniziert werden. Dies kann beinhalten, wer für die Untersuchung zuständig ist, wie die Zusammenarbeit mit internen oder externen Fachleuten erfolgt und welche Maßnahmen ergriffen werden, um Verstöße zu beheben. Darüber hinaus sollte geregelt werden, wie der Betriebsrat in den Untersuchungsprozess eingebunden wird und welche Rechte er in Bezug auf die Untersuchung hat.
  • Schutzmaßnahmen und Sanktionen: Die Betriebsvereinbarung sollte Regelungen zum Schutz von hinweisgebenden Personen vor Repressalien enthalten. Dazu gehören Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligung, Diskriminierung oder Kündigung als Reaktion auf die Meldung von Missständen. Auch Sanktionen bei Verstößen gegen den Hinweisgeberschutz sollten festgelegt werden.
  • Kommunikation und Berichterstattung: Die Betriebsvereinbarung sollte klare Regelungen enthalten, wie die interne Meldestelle im Unternehmen kommuniziert wird und wie regelmäßig über eingegangene Meldungen, Untersuchungsergebnisse und getroffene Maßnahmen berichtet wird.
  • Überprüfung und Aktualisierung: In der Betriebsvereinbarung sollte festgelegt werden, dass die interne Meldestelle regelmäßig überprüft wird, um sicherzustellen, dass sie effektiv funktioniert. Bei Bedarf sollte die Vereinbarung aktualisiert werden.

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Stand: 19.2.2024