Ziel und Zweck des Gesetzes Das Hinweisgeberschutzgesetz verfolgt das Ziel Whistleblower, die Verstöße in Unternehmen aufdecken, vor Repressalien zu schützen.
Anwendungsbereich Der persönliche Anwendungsbereich des HinSchG beschränkt sich auf alle Beschäftigten und sonstige in der Sphäre des Unternehmens oder der juristischen Person des öffentlichen Rechts tätigen natürlichen Personen, die im beruflichen Kontext Hinweise über Verstöße erlangt haben. In sachlicher Hinsicht umfasst das HinSchG alle unionalen Rechtsakte sowie auf nationaler Ebene strafbewehrte Vergehen und Ordnungswidrigkeiten, die Leben, Leib oder die Gesundheit schützen. Der Rechtsausschuss hat sich dafür eingesetzt, dass in den sachlichen Anwendungsbereich auch „Äußerungen von Beamtinnen und Beamten, die einen Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue darstellen“ aufgenommen werden. Hier geht es insbesondere um den Umgang mit sog. „Reichsbürgern“ im öffentlichen Dienst.
Meldekanäle Mit Einführung des HinSchG werden Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden und juristische Personen des öffentlichen Rechts ab 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner verpflichtet interne Meldestellen einzurichten. Unternehmen mit 249 und mehr Mitarbeitenden haben seit dem 02. Juli 2023 eine Frist zur Umsetzung des HinSchG von nur noch vier Wochen. Für den Fall, dass Unternehmen ihrer Pflicht nicht nachkommen rechtzeitig ein internes Hinweisgebersystem einrichten, können Bußgelder bis zu 20.000 Euro fällig werden. Hinzu können auch noch Schadensersatzansprüche der hinweisgebenden Person kommen. Wir empfehlen deshalb, dass Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Rechts sich zeitnah mit diesem Thema auseinandersetzen und entsprechend handeln. Weitergehende Informationen zu den kommenden Anforderungen an Unternehmen und juristische Personen des öffentlichen Rechts finden Sie jeweils hier und hier.
Dritte i.S.d. HinSchG Viele Unternehmen stehen nun vor dem Problem, die hohen rechtlichen Anforderungen an eine interne Meldestelle zu erfüllen. Auch findet sich nicht in jedem Unternehmen entsprechend geschultes Personal. Aus diesem Grund können Unternehmen das Hinweisgebersystem auslagern. So können Sie mit einem Partner wie eagle lsp sichergehen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden und Juristinnen und Juristen die Hinweise bearbeiten. Zudem schafft die Bereitstellung einer ausgelagerten internen Meldeplattform Vertrauen. Hierdurch wird ein potenzieller Whistleblower ermutigt, sich zunächst intern an das Unternehmen zu richten, anstatt direkt an die Öffentlichkeit zu treten.
Das Konzernprivileg bedeutet, dass es nach deutschem Recht ausreichend ist, eine zentrale Meldestelle bei der Muttergesellschaft zu verankern, die als Dritter für alle Tochtergesellschaften gilt. Die Verantwortung den Verstoß zu beheben bzw. gegen das Fehlverhalten vorzugehen, verbleibt allerdings bei der Tochtergesellschaft (als beauftragendes Unternehmen). Ein Konzernprivileg ist im Unionsrecht nicht vorgesehen und die europäische Kommission hat dies auch ausdrücklich bestätigt.
Interne und externe Meldestellen sind gleichrangig Bei der Wahl des Meldewegs können Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber frei wählen, ob sie sich zunächst an die interne Meldestelle des Unternehmens oder an eine externe Meldebehörde wenden. Externe Meldestellen sind keine Dritten (s.o.) sondern Meldebehörden, die das HinSchG ausdrücklich benennt. In Deutschland ist das primär das Bundesamt für Justiz und je nach Zuständigkeit die BaFin und das Bundeskartellamt. Mehr Informationen zum Verhältnis der internen und externen Meldestelle finden Sie hier.
Anforderung an die Meldestelle – Das Vertraulichkeitsgebot Die Meldekanäle sind nach dem HinSchG so zu gestalten und zu betreiben, dass die Identität der hinweisgebenden Person und der hinweisgegenständlichen Person gewahrt bleibt. Das Vertraulichkeitsgebot hat zur Folge, dass die Meldestelle so zu gestalten ist, dass niemand Zugriff auf die Meldestelle hat außer die Betreibenden. Auch die unternehmens- oder verwaltungsinterne IT-Abteilung darf keine Möglichkeit haben, auf die Daten innerhalb der Meldestelle zuzugreifen. Durch das Vertraulichkeitsgebot werden an die umzusetzenden Meldesysteme hohe technische Anforderungen gestellt. Wir haben uns bereits mit den technischen Anforderungen im Hinblick auf die Vertraulichkeit an die interne Meldestelle beschäftigt. Den Artikel finden Sie hier.
Anonymität Ein großer Streitpunkt war die Anonymität. Ursprünglich sollte es eine Verpflichtung geben, den Meldekanal so auszugestalten, dass anonyme Meldungen abgegeben werden können. Dies wurde insbesondere von den Unionsfraktionen im Bundestag sowie den CDU-geführten Ländern im Bundesrat kritisiert. Ein Argument dafür war, dass das sog. Denunziantentum damit gefördert würde und es zu Missbrauch des Hinweisgeberschutzes kommen könnte. Letztlich wurde die Verpflichtung auch anonyme Meldungen zu ermöglichen von der Ampel-Koalition aus dem Gesetzentwurf genommen. Ein gut geführtes Unternehmen wird trotzdem eine Möglichkeit schaffen, dass Hinweise auch anonym eingereicht werden. Mit unserem digitalen Meldestellen-Service ist dies beispielsweise möglich. Stichhaltige anonyme Hinweise sollten bearbeitet werden. Unter anonymen Hinweisen sind oft auch Hinweise, die außerhalb der Anonymität nicht abgegeben werden. Das oberste Ziel eines jeden Unternehmens sollte sein, Reputationsschäden zu vermeiden. Allein aus diesem Grund sollte anonymen Hinweisen ebenfalls Beachtung geschenkt werden.
Meldeverfahren Das einzuleitende Meldeverfahren nach Eingang eines Hinweises umfasst zwei Stufen:
Im Einzelnen:
Folgemaßnahmen Folgemaßnahmen sind die von einer internen oder externen Meldestelle ergriffenen Maßnahmen zur Prüfung der Stichhaltigkeit einer Meldung, zum weiteren Vorgehen gegen den gemeldeten Verstoß oder zum Abschluss des Verfahrens.
Gemäß § 18 HinSchG umfassen Folgemaßnahmen insbesondere:
Interne Untersuchungen zielen darauf ab, potenzielles Fehlverhalten oder Regelverstöße innerhalb des Unternehmens zu identifizieren. Dazu zählen insbesondere:
Die Folgemaßnahmen müssen angemessen sein. Die Angemessenheit hängt vom spezifischen Einzelfall ab. Von den Folgemaßnahmen nicht erfasst sind insbesondere Strafverfolgungsmaßnahmen, die der Staatsanwaltschaft vorbehalten sind.
Repressalien Repressalien sind Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit, die eine Reaktion auf eine Meldung oder eine Offenlegung sind und durch die der hinweisgebenden Person ein ungerechtfertigter Nachteil entsteht oder entstehen kann (§ 3 Abs. 6 HinSchG).
Darunter fallen zum Beispiel:
Beweislastumkehr Kommt es zu Repressalien wie beispielsweise einer Kündigung infolge eines Hinweises, so steht den Beschäftigten der Weg der Kündigungsschutzklage zu. Grundsätzlich trägt die Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer die Beweislast. Das bedeutet, diese haben nachzuweisen, dass die Kündigung infolge eines Hinweises erfolgt ist. Mit Einführung des HinSchG wurde eine Beweislastumkehr eingeführt, infolgedessen der Beschäftigungsgeber die Beweislast dafür trägt, dass die Kündigung gerade nicht infolge einer Hinweisabgabe erfolgte. Die hinweisgebende Person hat darzulegen, dass die Benachteiligung eine Repressalie ist.
Auswirkungen auf andere Gesetze Die Einführung des Hinweisgeberschutzgesetzes wirkt sich auch auf andere Gesetze aus. Änderungen lassen sich beispielsweise in folgenden Gesetzestexten feststellen:
Durch diese Änderungen wächst die Bedeutung des Hinweisgeberschutzes rechtsgebietsübergreifend.
Hintergrund zum HinSchG und zur EU-Whistleblower-Richtlinie Das Hinweisgeberschutzgesetz ist die Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie der EU vom 16. Dezember 2019. Ziel der Richtlinie ist es Whistleblower nach Abgabe einer Meldung über Fehlverhalten vor Repressalien zu schützen. Die Aufdeckung von Fehlverhalten soll damit gefördert werden, um beispielsweise Korruption und andere Missstände innerhalb der EU zu bekämpfen. Schon seit Veröffentlichung des Referentenentwurfs vom 13. April 2022 und des Entwurfs der Bundesregierung vom 29. September 2022 wurde das Hinweisgeberschutzgesetz viel diskutiert von den unterschiedlichen politischen Akteuren und Verbänden. Der Bundestag verabschiedete am 16. Dezember 2022 den „besseren Schutz hinweisgebender Person“. Am 13. April 2023 hätte der Bundesrat dem Gesetz zustimmen sollen, dieser verweigerte allerdings seine Zustimmung. Infolge des Streits beider Gesetzgebungsorgane wurde der Vermittlungsausschuss von der Bundesregierung angerufen, der am 09. Mai 2023 einen Kompromiss zum Hinweisgeberschutzgesetz gefunden hat. Das Gesetz zum Schutz von hinweisgebenden Personen wurde im Anschluss an den Vermittlungsausschuss vom Bundestag und Bundesrat beschlossen und ist seit dem 01. Juli in Kraft getreten.
Kompromiss im Vermittlungsausschuss Durch den Vermittlungsausschuss wurde der ursprüngliche Gesetzesentwurf (u. a. Drucksache 20/3442) an diversen Stellen verändert. Mögliche Bußgelder wurden von maximal 100.000 Euro auf maximal 50.000 Euro halbiert. Im sachlichen Anwendungsbereich wurde vermittelt, dass ein beruflicher Kontext, in dem die Informationen über Verstöße stehen, zu fordern ist. Das bedeutet, dass sich die Informationen auf den Beschäftigungsgeber oder eine andere Stelle beziehen müssen, mit der die Person beruflich im Kontakt steht. Insbesondere wurde der Streit zu den Vorschriften von anonymen Meldungen geklärt. Der ursprüngliche Entwurf sah die Verpflichtung vor, die Abgabe von anonymen Meldungen zu ermöglichen. Diese Vorschrift wurde infolge des Vermittlungsausschusses in eine Soll-Vorschrift umgewandelt (s.o.). Kritisiert wurde während des Gesetzgebungsverfahrens immer wieder, dass die hinweisgebende Person ein Wahlrecht hat zwischen einer direkten internen oder externen Hinweisabgabe. Das Wahlrecht bleibt auch weiterhin bestehen, wie es die europäische Whistleblower-Richtlinie fordert. Allerdings wurde in den nationalen Entwurf nun mit aufgenommen, dass Meldungen bei denen intern gegen Missstände vorgegangen werden, auch bevorzugt intern abgegeben werden sollen, vgl. § 7 Abs. 1 S. 2 HinSchG.
Zeitlicher Verlauf zur Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes
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Stand: 02.06.2023