Wer darf eigentlich einen Hinweis abgeben? Wer muss folglich einen Zugang zur internen Meldestelle haben? Was darf eigentlich gemeldet werden? Und was genau hat sich durch den Streit zwischen dem Bundesrat und Regierung geändert?
Hintergrund des Streites Am 16. Dezember 2022 passierte der Gesetzentwurf zum HinSchG den Bundestag. Der Bundesrat versagte allerdings im Anschluss seine Zustimmung. Im Folgenden wurde der Vermittlungsausschuss angerufen, welcher einen Kompromiss ausgearbeitet hat, dem der Bundesrat am 12. Mai 2023 zustimmte. Der Streit wurde so beendet. Am 02. Juni strat schließlich das HinSchG in Kraft. Die Konsequenz einer längeren Nichtumsetzung hätte pro Tag 50.000 Euro Strafe Deutschlands an die Europäische Union zur Folge gehabt. Diese Änderungen aus dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses nehmen Einfluss auf den persönlichen und sachlichen Schutzbereich, sodass wir Ihnen hier einen Überblick über den aktuellen Stand geben wollen.
Wer? – Persönlicher Schutzbereich Der persönliche Anwendungsbereich der EU-Whistleblower-Richtlinie ist sehr weit gefasst. Daran orientiert sich auch das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG). Der persönliche Schutzbereich des HinSchG erstreckt sich auf Personen, die abhängig beschäftigt sind. Dies umfasst Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im privaten und öffentlichen Sektor, Auszubildende sowie und Praktikantinnen und Praktikanten. Gleichwohl auch Verwandte oder Kolleginnen und Kollegen der hinweisgebenden Person soweit sie in einer beruflichen Verbindung zur Arbeitgeberin bzw. zum Arbeitgeber oder zur hinweisgebenden Person stehen.
Weitere Personen, die in den persönliche Schutzbereich fallen, sind:
In der EU-Whistleblowing-Richtlinie (RL 2019/1937) sind explizit auch Beamtinnen und Beamte der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände, sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Richterinnen und Richter im Landesdienst aufgeführt – für die die Richtlinie ebenfalls gilt. Diese wurden nun durch den Kompromissvorschlag zunächst aus dem persönlichen Schutzbereich ausgenommen. Hier sollen entsprechende spezialgesetzliche Regelungen erlassen werden.
Was? – Sachlicher Anwendungsbereich Der europäische Gesetzgeber hatte lediglich Kompetenz, den sachlichen Anwendungsbereich im Rahmen seiner europarechtlichen Kompetenzen auszugestalten. Er ermutigte aber den nationalen Gesetzgeber, den sachlichen Schutzbereich zu erweitern, um Wertungswidersprüche zu vermeiden. Beispielsweise steht das Strafrecht in der Kompetenz der Mitgliedstaaten.
Der sachliche Anwendungsbereich umfasst folgende Verstöße:
Der Rechtsausschuss im Bundestag hatte für das HinSchG im sachlichen Schutzbereich auch verfassungsfeindliche Äußerungen – auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle – von Beamtinnen und Beamten mit aufgenommen, um dem Problem der Reichsbürgerszene im öffentlichen Dienst zu begegnen. Dieser Bereich wird nun vorerst nur auf Bundesbeamte angewandt. Auch hier ist zu erwarten, dass dies in den spezialgesetzlichen Regelungen für Beamtinnen und Beamten der Länder aufgenommen werden.
Ausblick Der deutsche Gesetzgeber konnte mit der Verabschiedung des Kompromisses des HinSchG seiner europäischen Verpflichtung zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie nachkommen. Gleichwohl bietet der Kompromiss viel Raum für Unsicherheit in Gemeinden und für Beamte. Die EU-Whistleblower-Richtlinie entfaltet jedoch unmittelbare Wirkung in den Mitgliedstaaten, wenn diese die Richtlinie nicht fristgerecht oder ordnungsgemäß umgesetzt haben. Die Konsequenz ist, dass sich sowohl Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Gemeinden als auch Beamtinnen und Beamte auf die EU-Whistleblower-Richtlinie berufen können.
Das bedeutet, dass sich sowohl juristische Personen des privaten als auch des öffentlichen Rechts mit den neuen Verpflichtungen des Hinweisgeberschutzgesetzes vertraut machen müssen, um den zahlreichen neuen Aufgaben und Anforderungen gerecht zu werden. Die Umsetzungsfrist des HinSchG für Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten beträgt lediglich einen Monat ab Verkündung. Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten benötigen ab Mitte Dezember 2023 eine interne Meldestelle, an die sich hinweisgebende Personen wenden können.
Wir bei eagle lsp verfolgen einen europarechtskonformen Ansatz und beraten sowohl Unternehmen als auch öffentliche Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zu den Umsetzungsanforderungen des HinSchG.
Sie haben noch keinen Meldestellenservice implementiert? Dann sollten wir sprechen!
Stand: 02.06.2023