Stellen Sie sich vor, einer ihrer Mitarbeitenden stellt im Einvernehmen mit Kunden höhere Rechnungen als nötig, um sich persönlich zu bereichern. Nur eine Mitarbeiterin bekommt etwas davon mit. Allerdings müsste sie als Whistleblowerin entsprechende Unterlagen zu Aufträgen und Kunden – also sog. Geschäftsgeheimnisse, weitergeben, um eine stichhaltige Meldung bei einer internen oder externen Meldestelle abzugeben. Wie kann das Spannungsfeld zwischen einer Meldung i.S.d. HinSchG und dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen gelöst werden?
Geschäftsgeheimnisse sind für Unternehmen von besonderer Bedeutung Geschäftsgeheimnisse sind Informationen, die der Geheimhaltung unterliegen, welche mit angemessenen Maßnahmen zur Geheimhaltung geschützt werden und die zudem einen wirtschaftlichen Wert für das Unternehmen haben. Geschäftsgeheimnisse sind beispielsweise Preislisten sowie Unterlagen, die die Kalkulation des Unternehmens betreffen, Preisangebote oder der Inhalt von Verträgen und Umsatzzahlen. Sie werden durch das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) geschützt.
Das GeschGehG regelt u.a.
Das bedeutet für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass sie sich schadensersatzpflichtig machen, wenn sie ungerechtfertigt Informationen offenlegen, die Geschäftsgeheimnisse beinhalten. Gemäß § 3 Abs. 2 GeschGehG darf ein Geschäftsgeheimnis erlangt, genutzt oder offengelegt werden, wenn dies durch Gesetz, aufgrund eines Gesetzes oder durch Rechtsgeschäft gestattet ist. Der neue § 6 HinSchG regelt das Verhältnis zum Geschäftsgeheimnisgesetz. Denn ist eine Hinweis vom HinSchG umfasst, so ist die Weitergabe eines Geschäftsgeheimnisses gerechtfertigt und die hinweisgebende Person macht sich nicht schadensersatzpflichtig (vgl. auch § 5 Nr. 2 GeschGehG). Das Motiv der hinweisgebenden Person ist hierbei unbeachtlich.
Um den Schutz durch das Hinweisgeberschutzgesetz zu genießen, sind hinsichtlich der Aufdeckung und Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen Vorgaben zu beachten. Grundsätzlich muss die Meldung, die das Geschäftsgeheimnis beinhaltet, dazu geeignet sein, einen Verstoß im sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes aufzudecken – also zum Beispiel Straftaten. Hierauf hat die hinweisgebende Person zu achten. Der Gesetzgeber formuliert es so: Die hinweisgebende Person muss hinreichenden Grund zu der Annahme haben, dass die Weitergabe des Inhalts der Information notwendig ist, um einen Verstoß aufzudecken. Hinsichtlich der Erforderlichkeit der Meldung kommt es hierbei darauf an, in welchem Umfang die Weitergabe des Geheimnisses notwendig ist und nicht allein darauf, ob die Weitergabe überhaupt notwendig ist. Gleiches gilt für berufliche Verschwiegenheitspflichten.
Welchen Anforderungen unterliegt eine interne Meldestelle bei Verwendung oder Weitergabe eines Geschäftsgeheimnisses? Nach § 6 Abs. 4 HinSchG dürfen Meldestellen Geschäftsgeheimnisse nur insoweit verwenden oder weitergeben, wie dies für das Ergreifen von Folgemaßnahmen erforderlich ist. Damit wird eine eigenständige Geheimhaltungspflicht für Personen normiert, die für eine interne Meldestelle verantwortlich sind.
Für hinweisgebende Personen besteht nach den Vorschriften des HinSchG ein Wahlrecht entweder einen Hinweis an eine interne oder externe Meldestelle abzugeben. Entscheidet sich die hinweisgebende Person für den externen Meldeweg bei einer durch das HinSchG bestimmten Behörde, gelangen Geschäftsgeheimnisse zwar nicht an die Öffentlichkeit jedoch an einen Personenkreis außerhalb des Unternehmens. Das dürfte regelmäßig den Interessen von Unternehmerinnen und Unternehmern widerstreben. Beschäftigungsgeber sind daher gut beraten, Anreize dafür zu schaffen, dass sich die hinweisgebenden Personen vor einer Meldung an eine externe Meldestelle zunächst an die jeweilige interne Meldestelle wenden. Hierfür sollten sie ihren Beschäftigten klare und leicht zugängliche Informationen über die Nutzung des internen Meldeverfahrens bereitstellen.
Geschäftsgeheimnisse können also durch einen vertrauenswürdige interne Meldestelle geschützt werden. Die Einbindung eines Dritten bietet sich hierfür an. Denn Anbieter, wie beispielsweise eagle lsp, bieten nicht nur einen kosten- und zeitsparenden „Full Service“ an. Die angestellten Anwältinnen und Anwälte unterliegen aufgrund ihres Berufsstatus einer besonders strengen Verschwiegenheitspflicht. Selbstverständlich fallen nicht nur personenbezogene Daten, sondern auch Geschäftsgeheimnisse unter das Vertraulichkeitsgebot.
Hintergrund zum HinSchG Das Hinweisgeberschutzgesetz ist die Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie der EU vom 16. Dezember 2019. Ziel der Richtlinie ist es, Whistleblower nach Abgabe einer Meldung über Fehlverhalten vor Repressalien zu schützen. Die Aufdeckung eines Fehlverhaltens soll damit gefördert werden, um beispielsweise Korruption und andere Missstände innerhalb der EU zu bekämpfen. Schon seit Veröffentlichung des Referentenentwurfs vom 13. April 2022 wurde das Hinweisgeberschutzgesetz von den unterschiedlichen politischen Akteuren und Verbänden viel diskutiert. Der Bundestag verabschiedete am 16. Dezember 2022 den „besseren Schutz hinweisgebender Person“. Am 13. April 2023 hätte der Bundesrat dem Gesetz zustimmen sollen, dieser verweigerte allerdings seine Zustimmung. Infolge des Streits beider Gesetzgebungsorganen wurde der Vermittlungsausschuss angerufen, der am 09. Mai 2023 einen Kompromiss zum Hinweisgeberschutzgesetz gefunden hat. Das Gesetz zum Schutz von Whistleblowerinnen und Whistleblowern wurde im Anschluss an den Vermittlungsausschuss vom Bundestag und Bundesrat beschlossen und ist seit dem 01. Juli in Kraft getreten.
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Stand: 17.01.2024